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31 Dezember 1947

Sehr geehrter Herr Doktor,

Sie sind gewiss schon sehr erstaunt, vielleicht sogar böse,-dass ich so lange nichts von mir hören liess. Der Grund war sehr einfach: infolge der Entdeckung immer neuen bibliographischer Möglichkeiten der Columbia Library bin ich mit dem Sammeln und Sichten für meine Bibliographie nicht und nicht zu Ende gekommen, und durch diese Aufregungen in einen ganz schlimmen Zustand von nervöser Überreizung geraten. Vor 14 Tagen wurde es besser, ich machte endgültig Schluss mit der Bibliotheksmalerei, und diese Woche habe ich nun endlich mit dem Tippen des I.Teiles begonnen; ich stecke jetzt mitten darin; die deadline, 1.1. ist zwar schon überschritten, aber die unbedingte deadline, i.e. die Ankunft meines Bruders muss und wird eingehalten werden. Danach werde ich eine mehrwöchige Pause einschalten, bevor ich mich ins Tippen des riesigen 2. Teiles mache. Denn das Kommen meines Bruders, der ja einige Zeit, vielleicht sogar lange, bei uns wohnen wird, bedeutet für mich zunächst nichts als eine entsetzliche Erschwerung des täglichen Lebens. Ich muss es mir so einrichten, dass ich möglichst wenig im Hause bin, wo ja niemals Ruhe sein wird, ohne die ich nicht geistig existieren kann. Da unter den vielen, sehr vielen Dingen, die ich in dieser Pause tun möchte, und zu denen ich mich verpflichtet habe. Ihr Buch bei weitem an erster Stelle steht, so habe ich mir folgenden Plan ausgedacht, über den ich gerne Ihre Meinung hören würde: Ich möchte jeden Mitwoch oder Donnerstag , oder vielleicht an beiden Tagen - an den anderen Tagen kann ich nicht, der Vorlesungen wegen - punkt 6 in Avery Hall sein (da das Brooklyn Museum um 5 schliesst, und die Subway bis zur Columbia Library genau eine Stunde braucht, ist Unpünktlichkeit , sonst mein Fluch, ausgeschlossen), und dort bis 9, oder bis Sie mich abholen kommen, in Ihrem Buche lesen, indem Sie mir ein oder 2 Kapitel um 6 hinbringen, oder vorher dort hinterlegen. Sie müssten das mit dem Bibliothekar arrangieren. Wenn Sie Zeit haben, könnte ich dann bei Ihnen gleich Vieles mündlich besprechen, was ja manchmal vorteilhaft sein dürfte. Falls ich nicht krank werde, (momentan bin ich verkühlt, aber nicht sehr), wird es mir wohl möglich sein, am 14. oder 15. mit der Durchführung dieses Plans zu beginnen. Vielleicht rufen Sie mich einmal telephonisch, damit wir das Nähere besprechen, oder einen Ersatz-Plan. Ich werde voraussichtlich nicht das Haus verlassen, bevor ich mit dem Tippen fertig bin.

Mit dem besten Wünschen für das neue Jahr, das ja wohl nun endlich wirklich das Erscheinen Ihrer Kosmologie sehen wird, und herzlichen Grüssen, bin ich Ihr alter und an Ihnen interssierter

Walter Federn

Herzliche Grüsse und beste Wünsche an Ihre Frau l

l. Jänner 1948

Ich möchte noch bemerken, dass ich ohne Ihre Schreibmaschine die Arbeit wohl niemals hätte bewältigen können.


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