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DER OEDIPUS-KOMPLEX IM ASSOZIATIONS-VERSUCH

von
Dr.Med. Im. Velikovsky, Tel-Aviv, Palästina.

Einer von den ersten Versuchen, die wir mit unseren Kranken anstellen, ist der bekannte Assoziationsversuch, den schon die experimental-psychologische- Schule von Wundt für psychotechnische Zwecke benutzte und dar durch die Psychiatrer von Burghölzli in die Psychiatrie und Psychotherapie eingeführt wurde.

In gleichen Intervallen spreche ich einzelne für diesen Zweck gewählte Worte - auch einige Paar-Worte- aus, auf die ohne Ueber-legung und ohne Selbstkritik ein Assoziationswort gegeben werden soll. Die Antworten und die Zeitdauer, die zwischen dem Wort und dem Gegenwort vergeht, werden notierte. Eine verzögerte Antwort lässt die Berührung einas Komplexes vermuten; auch eine unerwar-tete, ausgefallene oder wiederholende Antwort wird analysiert. Aufmerksamkeit wird der allgemeinen Art von Antworten geschenkt.

Eine Antwortserie, die voll mit Kontrasten ist ( Tag - Nacht, Hund - Katze, Liebe - Hass ) entspriecht dem Wiederatand, der Kampfstellung des Patienten.

Oft wird auch das mit Absicht Verheimlichte ans licht gebracht. Ein Kranker antwortet auf “geschlossene Augen” mit “zur Hälfte” , und viel weiter in demselben Experiment auf “nackt” - unerwartet mit demselben “zur Hälfte” . Jetzt gesteht er, dass er bis zu seinem neunzehnten Jahr das Schlafzimmer mit seiner Schwester teilte und oft mit halbgeschlossenen Augen sich schlafend stellte.

Ich beschränke mich in diaser Arbeit auf einige Fälle von sehr verzögerten Antworten, die einen aktiven Oedipus-Komplex verrieten, der auch anderweitig vielfach bestätigt werden konnte.

Der erste Fall betrifft einen jungen Menschen von 19 Jahren, der, wie sein Vater mir vor seinem ersten Besuch berichtet, an Hassausbrüchen und Wutanfällen, die gegen seine Mutter gerichtet sind, leidet und seine Umgebung leiden lässt. Er scheut die Arbeit, hat zu nichts Interesse und ist verzweifelt. Er droht mit Selbstmord. Der Kranke macht äusserlich einen besonders netten Eindruck; im Arzt-Zimmerist er in seinem Benehmen ruhig und bescheiden. Er klagt Über Zwangsgedanken und Handlungen. Früher hat er Onanie “im Uebermass” (etwa 1 mal in der Woche) getrieben. Jezt will er auf das sexuelle leben ganz verzichten; er würde seinem “grossen Egoismus zu liebe” in ein Kloster gehen, wenn bei seiner Religion so etwas möglich wäre; - “Mein Vater ist sehr gutherzig, die Mutter dagegen hat ein böses Herz, ist geschwätzig, aber klug. Sie brachte mich in die Krankheit. Sie bereitet mir ein Ende”.

In dem Assoziationsversuch ist eine verspätete Antwort auf das Wort “Mutter” zu erwarten. Mit Ausnahme von der vierfachen Wiederholung des Adjektives “schön” ist bis zur neunzehnten Wortnennmig nichts hervorzuheben. Die Antworten kommen inrascher Folge. Das Siebzehntewort ist “Wurst” , darauf eine doppelte Antwort: rund, rot. Achtzehntes - ein gleichgültiges Wort : “Stuhl” - Antwort: “viereckig” . Neunzehntes Wort: “Mutter” . Folgt ein langes Schweigen, das  m i n u t e n l a n g   dauert. Schliesslich: “es kommt kein Gedanke” (und es scheint, so einfach wäre zu sagen: Vater, oder Kind, alt, oder böse ...). Doch ich bestehe auf einer Antwort.

Nach der Farbe der Wände, der Fliesen des Fussbodäns, der Förm der Fensterrahmen befragt, ( Gegenstande, die er oft, sogar hunderte Male, gesehen hat, ) gibt der Ausgefregte manchmal, und bei entsprechend ausge “arbeiteten Fragen, sogar meistens, eine Reihe verblüffend falscher Antworten”.

Wenn wir im Auge behalten, dass solch ein Test Wahrnehmungen betrifft, die unter folgenden Bedingungen stattfanden;

1) Im affektlosen Zustande,

2) In grösseren Zeitabständen und wiederholt,

3) Bei genügender Beleuchtung,

so müssen wir den Schluss ziehen, dass der Test sich wesentlich von dem oben beschriebenen Experiment der Mitteilungen von Bindrücken unterscneic die unter folgenden Bedingungen aufgenommen wurden:

1) Plötzlich, manchffl&l im affektiven Vorgang, der den Beobachter überraschte,

2) der nur einrnslig vorkam und möglicherweise

3) in einer Zeitspanne von nur wenigen Sekunden.

Andererseits unterscheidet sich dieser Test von denjenigen ntersuchungen über das Wahrnehmungsvermögen, in welchen dem Aussagenden in kleinen Zeitabständen verschiedene Visualsignale von Zeichen, Form und larbe gegeben werden.

Der psychologische Zustand des in Erwartung kommender Zeichen dem Test önterworfenen unterscheidet sich vom Zustande dessen, der, ohne auf eine spätere Aussage vorbereitet zu sein, die ihn umgebenden Gegenstäde wahrnimmt.

Dann kommt: “Kleid”. Jetzt wjeaerhole ich: “Kleid”. Er antwortet aber mit dem früheren: “Mutter”. Ich: “Mutter”. Er: “Kleid”, Ich - “Kleid”, er - “Mutter”, Ich nochmals “Kleid” mit dem Verbot, “Mutter” zu sagen. Er antwortet aber sogleich: “rund, rot” in merkwürdiger Weise die Wurst (ein sexuelles Symbol) zum Kleid und zur Mutter in Assoziation bringend. Es ist noch zu bemerken, dass in der hebräischen Sprache diese Adjektive in der männlichen Form gebraucht wurden, wächrend das Wort Kleid im Hebräschen die weibliche Form verlangt.

Der schluss des Experiments verläuft ohne jade Störung. Auf das Wort “Vater” - antwortet er - “gut”.

Sind wir berechtigt einen Hinweis auf den Gedipus-Kömplex in diesem Experiment zu sehen? Prüfen wir jetzt die folgenden Tatsachen.

Eines seiner ersten Erinnerungs-Bilder:

“Ich bin 3 oder 4 Jahre alt, meine Mutter stillt mich an ihrer Bruet”, - Ich wundere mich innerlich über dieses für Trinken an der Mutterbrust ungewöhnliche Alter, das man hier allerdings bei Arabern nicht selten treffen kann - der Kranke aber stammt aus Russland.

Nächstes Mal teilt er mit: zu Hause hat man ihm gesagt, es ist nicht richtig, dass er bis zum vierten Jahr gestillt wurde (er erinnert aber die mitgeteilte Situation in allen Einzelheiten). Seine Mutter nährte ihn nur bis zum Ende des ersten Jahres. Darum bittet er mich, das Notierte in meinem Buch zu streichen, ich aber unterstreiche es; weil so eine Erinnerungsfälschung oder Verschiebung ganz besonders bemerkenswert ist.

Denselben Tag erzählte er mir eatnen Traum (erster in der Behandlung). Ich frage, was fält ihm zu der Katze, die er ihm Traum sah, ein. Es fällt ihm nichts ein. Dann sagte er: “ja, in der Fabrik von meinom Vater hat vor Kurzem eine Katze ihre Kätzlein im Ofen untergebracht. Das störte uns bei der Arbeit. Darum brachten wir ein brennendes Holzscheit in die Oeffnung des Ofens; die Katze kam und brachte einige Kätzlein heraus, nach den anderen kam sie nicht. Jezt heizten wir (später sagte er: ich heizte) den Ofen richtig an und die Jungen verbrannten”.

Es war irgend ein Widerüpruch zwischen seinem weichen, verlegenen Gesichtsbild und der kruellen Tat, von der er erzählte. - “Freutest Du dich über das Weh der alten Katze?” Er bejahte. Das Mutter-Tier - trat an die Stelle seiner Mutter!

Ein merkwürdiger Gregensatz dazu waren seine, in dem dritten Besuch erzählten Tagesträume: über grosse philantropische Wohltaten; über seine Utopie, die Menschen mit “Gewalt zur Moral zu bringen”.

In dem nächsten Traum sah er einen Mann, der im Meer badete und sich an einem Tau festhielt. Der Pat. reicht ihm noch ein Tau. Im Wasser bekommt der Mann drei aufeinander folgende Schläge an den Kopf von einer Säule. Die ersten zwei Stösse bemerkt der Mann kaum, der lezte Schlag ist sehr stark und schmerzhaft. Der Pat. freut sich dieses sehend. - An wen erinnert der Mann? - Anden Vater nicht, eher nach der Pigur - an die Mutter. Wassertraum - Geburtsphantasie. Tau - “Chewel”; dasselbe Wort “Ghewel” in “Chewle Leda” - Geburtswehen. Eine sadistische Fantasie: er freut sich über den Schmerz der Mutter; er hat ihr Geburtsschmerzen verursacht. Seine Gehurt sollte besonders schwer sein. Er ist das dritte und letzte Kind (dritter Stoss) bei seiner Mutter. Er hätte sie gerne mit der Säule vorletzt, wie der Vater.

Bis zu seinem zehntem Lebensjahr hit er im Schlafzimmer der Eltern geschlafen. Er erinnert nicht ein. Bett für sich bis zu dieser Zeit besessen zu haben. Manchmal erwachte er nachts und der Vater war in dem Bett der Mutter. Damals (9 / Jahre) war er schon von seinen Freunden über den geschlechtlichen Verkehr aufgeklärte.

Nur kurz erwähne ich einen Traum über die zwei “dualistische Hähne” (oder Hühner). Heber einen von diesen ist dem Träumenden bekannt, dass “der Verkehr mit ihm nicht möglich ist”.

Der gleiche bedanke kommt in einem anderen Traum wieder. Er versucht auf ein Fahrrad zu steigen. Das Fahrrad gehört dem Retter ( Hebr.-Ma-zil) 6der Strand-Rettungs-Station). Er kann es aber nicht besteigen. Er ist dabei in einem Kurzen Hemdchen (Symbol der Kindheit). Fahrrad (Zweirad im Hebr) - die Brüste. Es bleibt wenig Zweifel, dass der Retter die Mutter bedeutet. Ist er ihr ähnlich? - nein. - Wie ist der Name der Mutter? - Zila (Ima - Mutter. Zil - retten, (I) mazil- Retter).

Ich begnüge mich mit diesen Fragmenten aus der Anfang der Behandlung, in der Hebertragung stellte der Patient mich an der Stelle seiner Mutter (mich und seine Mutter in einer Person im Traum sehend).

Der Affekt, der in Bezug auf seine Mutter eine ümkehrung erlebte (Hass anstatt Zuneigung als Abwehr gegen den Inzestwunsch), kehrte in der Übertragung zu seiner ursprünglicher Richtung zurück. Der Pat. verlangte von mir auch am Sonnabend - Ruhetag - als Ausnahme empfangen zu werden, um sich einen Vorzug vor anderen Patienten zu schaffen und meine Opferwilligkeit zu prüfen. Er ist jezt gegen die Mutter ruhig geworden, arbeitet fleissig und ist von seiner Zwangshandlungen frei.

Der zweite Fall, den ich hier erwähnen will, betrifft einen jungen arbeiter (27 Jahre alt) aus einer landwirtschaflichen Kvuza (Kommune). Er leidet an Ejaculatio Praecox ante portas. 4 Jahre ist er verheiratet, die Prau ist eine Virgo geblieben.

Neurologisch: Finger-Nase-Intentions-Versuch - grober Tremor. Nystagmus. Ein nervöses Muskelspiel auf dem, wie von einer Renaissance Freske, mageren Gesicht.

Assoziatlons-Versuch gibt eine stark versäumte Antwort aud das Wort “Uhr” und ein zweites besonders lästiges, minutenlang dauerndes Schweigen auf das Wort - “Vater”. Er kann kein Wort zu dem Wort Vater assoziieren.

Sein Vater, ein bekannter Kunstsamler Russlands, ist vor 12 Jahren bei der Flucht von den Massakren Krims über Ukraina nach Central-Russland, einer Flucht die mehrere Monate dauerte, vom Flecktyphus in einem Viewwagen der Eisenbahn, in dem er mit seiner Familie fuhr, gestorben.

Der Kranke kann sich bis heute nicht verzeihen, dass er damals keinen Campher für Einspritzungea erlangen konnte. Wenn wir bedenken, dass es, in den Ukrainischen Steppen war, um die Zeit des grössten Chaos, und er selbst nur fünfzehnjährig - so erscheint uns sein Schuldgefühl nicht begründet, oder nicht richtig begründet.

Im Alter von 10-12 Jahren war er von Schrecken geplant; er schlief damals in seinem Zimmer alleine. Im Alter von 12 (Jahren hatte er Trioden, in denen er sich tagelang in seinem Zimmer versperrte und nur seine lütter zu, sich hereinliess. Schon im Alter von 8-9 Jahren hatte er iretlach gefärbte Tagträume mit scheinbar masochistischen Vorstellungen (er träumte auch um diese Zeit, dass ein Tramwagen ihn zerdrückt und er fühlte ein esexuelle Erregung dabei). Bis zu seinem 15. oder 16. Jahr wusste er nichts über den Geschlechtsverkehr, obschon ihn in seinem vierten Jahr, wie er gut erinnert, ein starkes Interesse für den Bau des weiblichen Körpers beschäftigte. - Er erzählt über zeitweise vorgekommene Onanie) aber erst vor 1 / Jahren erfuhr er, dass das was er tat - Onanie war.

Seine Mutter ist vor 4 / Jahren in lande gestorben. Er war der jüngste in der Familie und sehr verwoöhnt von ihr. Ein halbes Jahr nach ihrem Ableben hat er geheiratet. Im Laufe des ersten Jahres nach der Heirat waren nur 1 oder 2 Versuche zum Verkehr, der erste davon erst 2 Monate nach der Hochzeit. Er erklärt es dadurch, dass es der Frau nach der Hochzeit zum Bewusstsein gekommen ist, dass sie von ihrer (in der äusseren Form platonischen) liebe zu einem anderen noch nicht befreit war. Der Kranke befand sich in dieser Zeit in starker sexueller Erregung. Die Lage entsprach aber der scheinbar masochistiachen wual-Situation im Elternhause. Er quälte sich mit Eifersucht und machte die nächsten achtzehn Monate keine Versuche.

Seitdem seine Frau sich von ihrer frühheren Neigung befreit fühlte (die ganze Zeit herrschte ein absolutes Vertrauen zwischen ihr und ihrem Mann, den sie auch seit ehe liebte 7 sind weitere achtzehn Monate vergangen, in denen eine Reihe von Versuchen gemacht waren, aber alle ohne Erfolg. (An der libido, die, nachdem er seine Mutter verloren hatte, sich befreite und ihn zur Heirate brachte, haftete noch das Schattenbild seines ersten Objektes. Deswegen geschahen auch seine sämtliche Versuche in voller Dunkelheit (wo er den Partner anders phantasierenkonnte).

Es ist nicht das erste mal, dass er liebt. Aber immer liebte er Frauen, die älter waren als er (das Altersverhältnis des schns zur Mutterandeutend). Auch seine Frau ist 7 Jahre älter als er. Früher fühlte er leidenschaft zu einer Frau, die an einen anderen gebunden und quälte sich in dieser Situation (wiederholte Dreiecksituationen, entsprechend der Lage im Vater-Hause).

Ich brauche wohl nicht auf die Analyse weiter einzagehen um weitere Beweise seiner aktiven Oedipus-Komplexes zu bringen. Der Stoff aus der ersten Woche spricht eine deutliche Sprache.

Zu Ende der Behandlung sah er einen Traum, in dorn er an einem Sonnabend-Morgen (Genesung) sich in einer fliegender Bewegung (Potenz) zu seiner Frau im Weingarton (Garten der Liebe) nähert und ihr einen Kuss (Verlegung nach oben) gibt, und sieht wie ihr Gesicht sich in das Gesicht seiner Mutter, als sie noch jung war, verwandelt; es geschieht im Beisein von anderen (der Oedipus Komplex kam zum Vorscheine, und er verspürt keine Verlegenheit - nur Freude. Der kuss war ein besonders langer (keine Ejaculatio praecox).

So war es auch bald, als er nach Beendigung der Behandlung in seine Kvuza zu seiner Frau zurückkehrte.

Nicht Campher sondern Oedipus-Komplex verursachte die Gewisaenbisue wagen des Vaters Tod. Die einzige Eeliouie in Erinnerung an den Vater war des Vaters Uhr im Besitz des Kranken daher die erste Störung in dem Assoziations-Versuch.

Soeröfnet uns manchmal, wie in diesen zwei Fällen, dieses Experiment einensicheren Hinblick auf das Verborgene.

 


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